Klangstreifzüge – eine Einladung
Im März war es mir plötzlich zu still. Ich wohne doch nicht mitten in der Stadt, um nur mehr die Vögel zwitschern zu hören! Mir fehlt das Knallen der Bälle gegen das Gitter des Fußballplatzes, die Klangkulisse spielender, lachender, schreiender, streitender Kinder im Kindergarten, auf dem Spielplatz. Die Gesprächsfetzen der Menschen im Park. Das Rattern der Züge in der Ferne. Plötzlich war der Ton abgedreht, oder zumindest sehr leise gestellt. Vor allem das Grundrauschen der Stadt fehlte.
In der stilleren Stadt intensivierte sich das Hören.
Welchen Klang hat eine Stadt?
Was empfinden wir als Klang, was als Lärm?
Welche Klangmischungen sind angenehm?
Welche neuen Klänge, Geräusche, Töne tauchen auf?
In der Schäffergasse waren es Klaviersonaten von Schubert, Schuhmann, Beethoven, Chopin, aus einem Fenster im zweiten Stock, gespielt von der Pianistin Anna Kudlicki. Durch wogende Blätter, vom Wind getragen breiteten sich die Klavierklänge in die Gassen aus.
An allen Ecken und Enden wurde in diesen Frühlingstagen auf Balkonen musiziert, an offenen Fenstern.
Musik ist Augenblicksglück und verbindet sich doch durch die Erinnerung mit Orten, klingt lange nach. Aus kleinen Fugen und Ritzen rund um die Pestsäule kommen manchmal die leisen Saxophonklänge von Lucia Westerguard. So wie im Lusthauswasser immer wieder Töne mit den Wellen rollen. 2017, bei Wien Modern, gab es rund um das Lusthauswasser Klanginstallationen im Gebüsch, die Musikerinnen sind teilweise im Wasser gestanden. Und in der Diehlgasse, in der Werkstatt gegenüber des Klangforum-Hauses klingt ab und zu Schlagwerk durch das geschlossene Tor … Vor ein paar Jahren hat Björn Wilker dort Iannis Xenakis gespielt.
Rund um die Uhr – Klänge sind in der Tonspurenpassage im Museumsquartier zu hören, zu erleben. Seit 2003 präsentieren KlangkünstlerInnen ihre Arbeiten im öffentlichen Raum.
Wir sind alle sehr aufs Sehen fixiert, – wie wäre es, einmal los zu ziehen und zu hören? Wie klingt der Stadtpark, ein Innenhof, der Donaukanal, eine Kirche, die Mariahilferstraße, ein Kinderspielplatz, das Museumsquartier, der Viktor-Adler-Markt, eine U-Bahn-Station, der Praterstern, die Strudlhofstiege, ein Friedhof, … oder einfach ein Fenster aufmachen.
Fliege hinaus ins All.
Höre auf die Musik,
die die Erde macht.
Fliege hinaus ins All.
a) Höre auf die Musik,
die die Planeten machen.
b) höre auf die Musik,
die das Universum macht.
(Yoko Ono. Klangstück X)
Yoko Ono, Acorn, aus dem Englischen von Uljana Wolf, Haffmans & Tolkemitt, Berlin 2014
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